CD Die Kunst des Jenbe-Trommelns: Die Mali-Tradition Vol. 1

Three masters of traditional jenbe celebration drumming present the clear beauty and explosive power of their music. They are of the same stylistic tradition and musical descent; also they are playing the same jenbe drum and are accompanied by the same dunun player. Thus the enormous differences you hear between the players, for instance concerning sounds and playing style, are clearly comparable and directly correspond to differences in generational and personal styles. The complete transcriptions of all the pieces are available in The Jenbe Realbook Vol. 1, a book of music notation directly corresponding to this CD.

Tracklist: 1. Intro + Fula 04:25, 2. Madan 06:25, 3. Maraka 04:44,

4. Sogoninkun 04.43, 5. Sabaro a, b, c 04:55, 6. Woloso 04:20,

7. Kòmò 06:50, 8. Kòfili 05:37, 9. Kirin 05:12, 10. Burun 03:48,

11. Maa Nyuman 01:44, 12. Jina I 04:18, 13. Jina II 02:52, 14. Jina III 02:41

total playing time 63:04

Musiker: Jenbe: Jaraba Jakite (Tracks # 1 – 5) , Yamadu Dunbia (Tracks # 6 – 10), Jeli Madi Kuyate (Tracks # 11 – 14), Dunun: Madu Jakite (all tracks)

Recorded 1995 in Bamako (Mali) by Rainer Polak * All titles: Traditional * Mix and Premaster: Tobias Ott and Rainer Polak * Liner notes: Rainer Polak *

File under: Africa, Mali, Percussion - Best.No. 4024569-30472

Festmusik in Mali

Der kelchförmige Körper der Jenbe-Trommel (auch: jembe oder djembé geschrieben) wird aus dem Stamm eines Baumes herausgeschält. Gut zwanzig Meter Schnur, drei eiserne Ringe, viel Kraft und handwerkliches Können braucht man, um ein Ziegenfell so aufzuziehen und zu spannen, dass es richtig klingt. Ein reifer Trommler, der die Jenbe atmen lässt, vermag diesem Soloinstrument ein unerhörtes Klangbild zu entlocken, das vor fantastischer Farbigkeit und Fülle funkelt. Dunkle, warme Bässe entweichen als spürbarer Luftstrom dem Inneren des Korpus, resonierende Rasselbleche surren metallisch mit, die Fellmembran schwingt in verschiedensten Frequenzen: vom vollen Grundton bis hin zu hellen, scharfen Obertönen. Dagegen klingt die zylindrische, zweifellige Dunun sachlich nüchtern. Ein druckvoller tiefer Grundton zeichnet sie als begleitende Basstrommel aus.

Mali, ein Binnenland Westafrikas, erstreckt sich über Feuchtsavannen im Süden bis zum Saum der Sahara im Norden. Mali umfasst den Bogen des Nigerstroms, umfasst die großen Geschichten des Goldes und der riesigen Reiche des Mittelalters, umfasst Menschen verschiedenster Kulturen, Dörfer der Hirsebauern, Wege der Hirten und Welt des Handels, Magie der Geister und Gebet gen Mekka.

Menschen verschiedener Völker, Sprachen und Staaten in Westafrika haben teil an der Jenbe -Kultur und bilden so einen grenzüberschreitenden musikalischen Raum. Jenbe -Ensembles spielen auf Tanzfesten, in Bamako, der Hauptstadt von Mali, wie andernorts, von der Wüste Sahara bis zum Golf von Guinea, vom atlantischen Ozean bis zum Strom Volta. Die Feste begleiten Übergangsriten und bilden deren öffentlichen und unterhaltsamen Teil - Taufen, Beschneidungen, Einweihungen in Geheimbünde und Geistbesessenheitskulte, Verlobungen und Hochzeiten.

Feste in Bamako finden auf der Straße vor dem Gehöft der ausrichtenden Familie statt. Die Trommler sind bestellt; erfrischende Getränke aus Ingwer oder Malve und kräftige Speisen in großer Menge wurden zubereitet. Ein möglichst die ganze Festgesellschaft von Straßenseite zu Straßenseite überspannendes Sonnensegel gehört dazu, wie auch etliche Dutzend kleiner Eisenstühle, von den Verleihfirmen einheitlich grau gestrichen und durchnumeriert.

Die Stühle stapeln bis wenige Minuten vor Beginn des Festes in einer Ecke, noch niemand ist am Platz, nur das Sonnensegel beschattet die leere Straße und weist so auf das Bevorstehende hin. Erst die Trommler bringen die Dinge in Gang. Mit wie willkürlich wirbelnden Phrasen tun sie tönend ihre Ankunft kund, begrüßen gleichermaßen ihre Instrumente und den Ort. Ihre Aufstellung in leicht gekrümmter Linie markiert die Stirnseite eines ungefähren Runds, wonach einige losgeschickte Kinder die Stühle im weiten Kreis anzuordnen haben. Die Festgesellschaft zusammenzutrommeln, diese Aufgabe wird gerne den lautstark schmetternden Nachwuchsmusikern überlassen, die anfangs auch nur eine wild durcheinander hüpfende Kinderschar zustande bringen. Währenddessen sitzt der Meistertrommler und Chef der Truppe noch etwas abseits und betrachtet ungerührt die unmerklich, mosaikhaft ineinanderwachsende Entwicklung. Für ihn setzt der Ernst des Spiels ein, wenn die ersten jungen Damen oder verheirateten Frauen das Gehöft verlassen, um den Festplatz zu betreten.

Die Trommler erheben sich von ihren Stühlen, hängen sich ihre Dunun an Riemen über die Schultern, binden sich ihre Jenbe um die Hüften, den Ansatz zwischen den Oberschenkeln, Schale und Spielfläche vor dem Unterleib. Von nun an muss der Jenbe -Solist dauernd in Bereitschaft bleiben, seine eigentliche Aufgabe zu erfüllen: Eine aus dem Kreis der Gäste Stirn an Stirn vor die Trommler stürmende Tänzerin zu empfangen, indem er den Rhythmus umgehend beschleunigt und verdichtet, ihr Solo gleichzeitig unterstützt, erwidert und dem Höhepunkt entgegentreibt, um es schon nach kurzer Zeit mittels einer gespielten Signalphrase abzuschneiden. Blitzartig stürtzt sie ins Publikum zurück und überlässt den Tanzboden und die Trommler der nächsten Tänzerin. Braust so die musikalische und motionale Dynamik erstmalig sturmartig auf, regt das die Stimmung aller Anwesenden sehr schnell zur Begeisterung an. Rasch füllt sich die Runde. In mehreren Reihen stehen die Mädchen und Frauen hinter und auch vor den Stühlen, den Ort wie auch die Atmosphäre des Geschehens nunmehr beständig immer dichter umschließend.

Hat der Meistertrommler das Solo der ersten Tänzerin abgeschnitten, tritt er einen Schritt zurück in die Reihe seiner Begleittrommler und verringert Tempo und Dichte des Rhythmus wieder. Er spielt knappe Phrasen, das ist die Lauerstellung, um die nächste Solistin herauszufordern. Diese, schon im Tanzschritt, schnellt auch alsbald aus dem Kreis der Gäste vor die Trommler, um die leicht abgesenkte Spannung zu einem erneuten Gipfel zu führen. Diese beiden deutlich getrennten Phasen, eine herausfordernde und eine sich bis zum Höhepunkt überstürzende, reihen sich im Wechsel beständig aneinander. Das Zusammenwirken von Trommlern und Tänzerinnen bestimmt grundlegend den Ablauf von Jenbe -Festen, prägt dessen Wesen und Form zugleich - wellenförmig baut sich die Spannung auf und flaut wieder ab und bauscht sich wieder auf, eine Stunde, zwei Stunden, drei Stunden, ja über mehrere Tage hinweg.

Ein herausragender, im dortigen Musikerjargon »scharfer« Trommler bringt diese Dynamik musikalisch und gleichzeitig in seiner Körperhaltung und seinen Gesten theatralisch zum Ausdruck. Er tanzt, während er spielt. Er verfolgt eine besonders aufregende Tänzerin über den ganzen Festplatz, und ehrt sie, indem er ihren Arm und seine Trommel in die Höhe hält, um sie sogleich zur nächsten Einlage auf den Tanzboden zurückzuziehen. Er heizt einen erotischen, in tief gebückter Haltung gesäßbetonten Tanz selbst in gleicher Gebärde auf, die um die Hüfte gebundene Jenbe dann waagrecht über dem Erdboden hängend, gleichsam schwebend. So bringt er das Fest zum Brodeln - er braucht sich um den nächsten Auftrag nicht zu sorgen.

Während etwa ländliche Beschneidungsfeste ungeachtet des Geschlechtes vom ganzen Dorf und auswärtigen Angehörigen begangen werden, beschränkt sich die Teilnehmerschaft der städtischen Feste ausschließlich auf die weibliche Verwandtschaft und deren Freundinnen und Nachbarinnen. Tanzende Männer, wie etwa beim Hackentanz des Festes zu Ehren des fleißigsten Hirsebauern oder auf ländlichen Beschneidungsfesten, wird man auf Hochzeiten, Verlobungen oder Taufen in Bamako niemals zu Gesicht bekommen. In den gleichzeitig westlich und islamisch geprägten Städten sind Feste Frauensache. Selbst zuschauende Knaben verhalten sich hier schon vergleichsweise unbeteiligt, während Mädchen versuchen mitzuklatschen, mitzusingen und zu tanzen, wann immer sich Gelegenheit dazu bietet. »So-tun-als-ob-nichts-wäre«, das ist die Kunst, deren Vervollkommnung erwachsene Männer gegenüber den Festen üben. Passanten schieben ihre Fahrräder mitten hindurch. Städtische Hirten treiben ihre Kleinviehherden über den Tanzboden, ohne sich irgendeine Regung anmerken zu lassen. Männliche Familienmitglieder und Nachbarn bleiben fern, so weit es geht, oder üben am nächsten Häusereck das Alltagsritual, den grünen Tee drei Male aufzukochen, so geruhsam wie nur je. Selbst Trommler würdigen ein zwanzig Meter von ihrem Gehöft entfernt tosendes Fest keines Blickes, so sie nicht selber mitspielen und verdienen. Die Farbenpracht der feiertäglichen Stoffe, die anmutigen und erotischen Bewegungen ihrer Frauen, die durchs ganze Quartier schallende, berauschende Trommelmusik - das alles erfüllt die Männer scheinbar mit Angst um ihre Würde, die es mit einem leichten Anflug von Ironie in der zur Schau gestellten Ignoranz vorbeugend zu verteidigen gilt.

Das Erlernen der Tänze beginnt schon von Kindesbeinen an. Mütter tanzen auf Festen Solo mit Säuglingen am Rücken, Kleinkinder hüpfen abseits mit, Mädchen üben allein oder in Gruppen die Tänze ohne Musik für sich; sie sind auf jedem Fest die ersten und lauern später auf ihre Gelegenheit, zwischen die Frauen schlüpfen zu dürfen. Die Begeisterung am Tanz zur Trommelmusik ist bei den etwa sieben- bis fünzehnjährigen Mädchen schon so groß, dass sich manchmal Dutzende, ja Hunderte zusammentun, ihre verfügbaren Mittel in Pfennigen zusammenwerfen und dann auf eigene Faust ein paar Nachwuchstrommler bestellen, um ein reines Kinderfest zu veranstalten. Dort fehlen zwar ritueller Anlass und Ehrengäste, Speis und Trank, Stühle, Sonnensegel, Gesang und Mikrophone, getrommelt und getanzt aber wird wie bei den Großen.

Geradezu unweigerlich ruft die Trommelmusik bei den Kindern und Frauen Bewegungsdrang und Tanzlust hervor. Genauso unvermeidlich löst diese abgestimmte Gleichzeitigkeit von Musik und Bewegung Freude aus, Lachen und Jauchzen. Im Wesen der afrikanischen Rhythmik, die sich in Festmusik und Tanz gleichermaßen äußert, ist die Steigerung der Ausgelassenheit bis zum Loslassen in der Trance vorgezeichnet. Diese Trance führt zur Kartharsis, d.h. Gefühle und Leidenschaften werden bis zur lustvollen Entladung gesteigert, und gereinigt und befreit. Eben dazu dienen die Klänge und Rhythmen der Jenbe -Musik allen Teilnehmerinnen, insbesondere aber den Solotänzerinnen. Weltliches, sehr sinnliches Vergnügen, Trance und Heilung sind im Zusammenhang der Jenbe -Feste also eins.

Die Aufnahmen

Mit den Aufnahmen dieser CD stellen drei Meister die klare Schönheit und explosive Kraft ihrer Musik dar. Festmusik lässt sich nicht dokumentieren - wo bliebe die Bewegung der Tänzerinnen, die Athmosphäre aus Farben, Gerüchen und Begeisterung, wer verstünde die nur als ineinandergreifendes Geschehen nachvollziehbare Dynamik?

Die Aufnahmen entstanden in einem Schulhof in Badialan, einem Stadtviertel von Bamako, nur fürs Mikrophon, ohne Proben, ohne Arrangements und ohne eine zugrundeliegende Vorstellung, wie Festmusik ohne Fest zu vermitteln wäre. Es war für alle Musiker die erste Studioproduktion ihres Lebens. Spontan schufen sie im bezugsleeren Raum eine »Kunstmusik«, eine abstrakte Umsetzung traditioneller Festmusik. Die Originalaufnahmen wurden weder geschnitten noch overdubbed.

Das Ensemble

Drei Meister der Jenbe jeweils im Duett mit einem begleitenden Basstrommler. Das Spiel im Duo prägte die Bamakoer Festmusik von den 60er bis 80erJahren. Heute wird in größeren Ensembles gespielt und der Bamakoer Stil verändert sich rapide unter dem Einfluss der Stile aus Conakry (Guinea), Abidjan (Elfenbeinküste) und der internationalen Djembe-Szene im reichen Westen. Die hier vorgelegten Aufnahmen sind gleichsam klassisch, sie präsentieren das ästhetische Ideal der malischen Jenbe-Musik, wie es sich in der Hauptstadt Bamako nach der Unabhängigkeit herausgebildet hat.

In der für Trommelensembles vergleichsweise dünnen Duo-Besetzung verstehen nur reife Musiker fesselnde Dichte aufzubauen, die Spannung von Fluss und Wechsel, von Groove und Solistik, von Gestalt und Trance zu balancieren. Die Herausforderung der Leere bedeutet für die Trommler von Badialan keine Bedrohung, denn durch jahrzehntelange Auftrittserfahrung ist ihr Spiel auch in kühnen Passagen von enger Kommunikation geleitet und traumhaft sicher. Die Leere bedeutet ihnen vielmehr den Anspruch, rhythmisches Feuer in aller Klarheit und Gesetztheit zu entfachen, was ihnen große Freude macht.

Ein weiterer Vorteil der sparsamen Besetzung liegt in der Klarheit des Hörbildes. Dessen Transparenz erlaubt es, nicht nur die musikalischen Grundstrukturen wahrzunehmen, sondern auch die hohe Kunst des Trommelspiels – das Sprechen der Trommel – bis in feinste Nuancen der Rhythmik und Klangfarben mitzuerleben.

Die Musiker

Jaraba Jakite, ungefähr Jahrgang 1956, kam erst 1984 nach Bamako, erspielte sich dort aber rasch den Ruf eines Arbeiters der Trommel, eines reißerisch körperlichen, tanzenden Trommlers. Zu seiner Zeit war Jaraba, der »große Löwe«, einer der gefragtesten Festtrommler der Stadt. Nach einer Deutschlandtournee mit Madu Jakite und Rainer Polak im Jahr 2000 ging es mit seiner Gesundheit immer mehr bergab, bis er schließlich 2005 verstarb. Unheimlich druckvoll, scharf und expressiv berauscht er uns in den Stücken 1-5.

Yamadu »Bani« Dunbia, geboren gegen 1917 im Westen Malis, wurde als junger Mann von der französichen Kolonialarmee verschleppt und kämpfte im Zweiten Weltkrieg gegen die Verbündeten der Deutschen im Mittelmeer. Nach 1945 erblühte die Festkultur in Bamako und anderen westafrikanischen Haupstädten in neuem Gewand und boomte geradezu in den 1960ern, den jungen Jahren der afrikanischen Unabhängigkeit. Yamadu Dunbia, schon in seiner Kindheit von einem Geist besessen, geheilt und zum Trommler berufen, als entwurzelter Heimkehrer in die Hauptstadt verschlagen, machte sich dort zu einem der ersten und erfolgreichsten Berufstrommler, die die Gunst der Stunde nutzten und ihre Kunst zum Metier zu machen wussten. Auch heute noch – zum Zeitpunkt der Aufnahmen war er etwa 78 Jahre jung – kennt man ihn weithin als legendären Jenbe-Patron, dessen Spiel die Geister so schnell hervorzurufen vermochte, dass die Leute binnen Sekunden vor Trance zitterten. Dunbia verstarb im Jahr 2002. In den Stücken 6-10 haucht er der Jenbe Atem ein und lässt sie singen, setzt keinen Schlag zuviel und jeden souverän.

Jeli Madi Kuyate wurde etwa im Jahre 1949 geboren und kam mit 12 Jahren aus seinem Heimatdorf im Süden von Bamako in die Metropole. Als Schüler Yamadu Dunbias hatte er schon früh Erfolg und ging auf Tourneen mit dem Nationalballett u.a. nach Frankreich, China, Kanada und Korea. Sein behendes, elegantes Spiel beflügelt die Stücke 11-14.

Madu Jakite, geboren etwa 1960, ist ein ausgesprochener Dunun-Spezialist. Er begleitet alle drei Solisten auf der Basstrommel.

Repertoire

Die Aufnahmen spiegeln die Vielfalt der Regionen Malis und seiner Völker wider, die Facetten der Generationen und der Stile. Aber sie reflektieren ebenfalls die Einheit der beständig sich umformenden Jenbe-Tradition im Schmelztiegel der multikulturellen Hauptstadt.

1. Fula, so lautet in Mali die Fremdbezeichnung für das Hirtenvolk der in ganz Westafrika verbreiteten Peul oder Fulbe. Von den Fulbe des Binnendelta, wo der Niger zur Regenzeit eine ganze Region überschwemmt, stammt dieser Rhythmus, der ursprünglich auf ganz anderen Trommlen als der Jenbe gespielt wurde. So wandelt sich die Überlieferung und überlebt. Die Trommler stellen diesem ersten Stück eine Einleitung voran, die sie früher im Ballett-Bereich benutzten, um ein Tanztheater-Programm zu eröffnen.

2. Im Herzen des Manden, dem südlich von Bamako gelegenen Kernland des mittelalterlichen Reiches Mali, tanzen die Maninka den Madan. Wie Jaraba Jakite, so stammen auch viele weitere Trommler der Stadt von dorther und lieben deshalb diesen Rhythmus.

3. Das Händlervolk der Soninke aus dem Norden und Westen Malis heißt in der Sprache Bamakos Maraka. Der gleichnamige Rhythmus ist ein echter Standard auf Hochzeitsfesten in der Hauptstadt, der meistgespielte Rhythmus von allen.

4. Aus dem Wasulun, einer Gegend reich an Musikern und Jägern im Südosten Malis, wurde der profane, akrobatische Maskentanz Sogoninkun in die Metropole getragen. Der Name der Maske, des Tanzes und des Rhythmus Sogoninkun bedeutet »Gazellenkopf«.

5. Sabaro, das ist die Solotrommel, ein Fest und ein Rhythmus der Wolof im Senegal. Je breiter das Repertoire, desto größer das potentielle Zielpublikum, das ja aus allen Landesteilen, und in diesem Fall sogar über Staatsgrenzen hinweg , seine Bedürfnisse und Beiträge an Kultur in die Metropole bringt. Deshalb adaptieren die Trommler der Großstädte Rhythmen möglichst vieler Völker und Gegenden. Spass bereitet ihnen das natürlich auch.

6. Woloso, das ist der Tanz der Abkömmlinge von Unfreien, deren Stand früher an den Königshöfen eine bedeutende Rolle spielte und wichtige Ämter bekleidete.

7. Während der Initiationsfeste in den Geheimbund Kòmò erklang der gleichnamige Rhythmus. Nur Eingeweihte durften die Maske des Kòmò tanzen sehen. In Bamako ist das Vergangenheit, der Trommelrhythmus jedoch wird überliefert.

8. Der alte Rhythmus Kofili entstammt dem Land der Bamana in Zentralmali. Die Sprache dieses größten Volkes von Mali spricht man - neben Französisch - in der Hauptstadt, in der Schule und im Radio.

9. Der Rhythmus Kirin kommt wie die Stücke 4 und 10 vom Wasulun. Im Wirbelrausch der jungen Nachwuchstrommler von Bamako aber sucht die hier festgehaltene, gleichzeitig tollkühne und souveräne Version des altehrwürdigen Meisters Dunbia ihresgleichen.

10. Burun, das Horn. Niemand in Bamako kennt mehr diesen Rhythmus, der früher das Spiel traditioneller Trompeten aus Tierhörnern begleitete, außer der Alte Dunbia.

11. Maa Nyuman kursierte vor einigen Jahren in der Szene der Theater- und Ballettrommler, die sich von den Festtrommlern abgrenzen. Sie versuchen, die Festkultur als Folklore in arrangierte Formen zu fassen. Das erfreut aber heute nur noch Touristen, denn die Frauen tanzen lieber selber auf den Festen der Straße, statt Profis auf der Bühne zu bejubeln. Die große Zeit des afrikanischen Balletts, die Zeit der Unabhängigkeit und der Aufbruchsstimmung in den 60er Jahren Staaten, ist längst passé.

12-14. Jina, ein Lehnwort aus dem Arabischen, bedeutet in den Sprachen Malis »Geist«. Ein Geist kann die Ursache vieler psychischer wie körperlicher Krankheiten sein. Ist man nach der Behandlung durch eine Heilerin gesundet, folgt darauf die Einweihung in deren Kult. Jetzt gestattet man dem Geist zum ersten Mal, was man ihm auf vielen weiteren Festen immer wieder gewähren wird: Man versetzt sich tanzend in Trance und lässt sich der Schwelle zur Ekstase entgegenfallen, um vom Geist besessen zu werden. Im diesem Zustand wird der Geist theatralisch und therapeutisch ausgelebt. Die Rolle der Trommler ist es, die Geister zu rufen und die Menschen zum Tanzen zu bringen.

Der Autor

Dr. Rainer Polak studierte Ethnologie, Afrikanistik, die Bambara-Sprache und Geschichte Afrikas von 1989 bis1996 an der Uni Bayreuth und lernt und erforscht seit 1991 die Jenbe-Musik in Bamako (Mali). In Mali arbeitet er seit 15 Jahren mit denselben Trommlern zusammen, deren Spiel in diesem Buch und der entsprechenden CD vorgestellt werden. Polak hat 1997/98 ein Jahr lang als traditioneller Tanzfestmusiker in Bamako gearbeitet und ist dabei auf gut über hundert Hochzeiten, Geistbesessenheitsritualen und anderen Gelegenheiten aufgetreten. Er spielte meist für Jaraba Jakite, aber auch für Yamadu Dunbia, Jeli Madi Kuyate und Drissa Kone. Er schrieb eine musikethnologische Doktorarbeit über diese Erfahrung und gewann damit den wissenschaftlichen Nachwuchspreis der Vereinigung von Afrikanisten in Deutschland. Polak gilt als einer der herausragenden Jenbe-Solisten in Deutschland. Als Lehrer ist er auf Fortgeschrittenen- und Profi-Kurse für Micro-Timing und Jenbe Solo Performance spezialisiert.

Reviews

(Sticks - Drummers Mag / Germany)

"It is very clear and clean. One djembe solo and one dunun on each track. The djembe minimalist's dream. This CD has a few tracks by one of the oldest djembe grandmasters alive today. I think he is in his 80's. [note: the recordings are from 1995; jenbe soloists Yamadu Dunbia (1917-2002) and Jaraba Jakite (1953-2005) have passed away in thre meanwhile] When Abdouli Diakite listened to this grandmaster playing he told me, "this man is a master". I have never heard Abdouli say that so clearly about anyone before. Listen closely to his solo style and phrasing. It is the closest you can find to the original sound because he was alive playing djembe before it became popular and was modified by the younger generation. This CD offers a special chance for serious students."

Jeremy Chevrier - www.rootsyrecords.com/HtmlFiles/DjembeCDRecommendations.htm

Bei Weltmusik-Magazin erschien 11/07 folgende Besprechung:

www.welt-musik.net/?p=1190